"Gender" in Afghanistan. Die Integration von Genderaspekten in lokale und nationale Entscheidungsprozesse

Im November 2006 erschien der erste Band der von der Heinrich-Böll-Stiftung herausgegebenen "Schriften zur Demokratieförderung unter Bedingungen fragiler Staatlichkeit" zum Thema Afghanistan. Darin schreibt Sippi Azerbaijani Moghaddam:

"Die jüngste Bilanz des afghanischen Staates gibt Anlass zu Optimismus: ein Frauenministerium, eine landesweite Schulbildungskampagne speziell für Mädchen, für Frauen verbesserter Zugang zu Gesundheitsversorgung, erhöhte Sichtbarkeit von Frauen in Kabul, Frauen in beiden Kammern des Parlaments sowie eine – wenn auch bescheidene – Beteiligung von Frauen auf allen Ebenen der Regierung. Und doch: Die Landschaft nach der Bonner Vereinbarung im Jahr 2001 zeigt eine neue Topographie. Sie folgt im Großen und Ganzen der historisch wiederkehrenden Dynamik, die durch einen schwachen Nationalstaat geschaffen wird, der mit renitenten peripheren Machtformationen interagiert. Dadurch wird „eine neue Kampfzone im Spannungsfeld zwischen den Interessen der internationalen Geberagenturen, einer von Hilfe abhängigen Regierung und unterschiedlicher politischer Fraktionen mit islamistischen Agenden geöffnet”. (...)

Die Lage der meisten Frauen in Afghanistan lässt sich an bestürzenden Entwicklungsindikatoren sehr gut ablesen: Die Todesrate von Müttern ist nach wie vor eine der höchsten weltweit, und Fortschritte in Richtung der Millennium-Entwicklungsziele (Millennium Development Goals – MDG) sind langsam. Frauenrechte existieren meist nur auf dem Papier. Es gibt nur wenige Frauen auf dem formellen Arbeitsmarkt, während ihre Beiträge zum informellen Arbeitsmarkt kaum gewürdigt werden. Die meisten Frauen haben keine Kontrolle über ihr eigenes Leben, ihren Lebenspartner und ihre Fertilität. Scheidungen sind quasi unmöglich, und alleinstehende oder geschiedene Frauen und Witwen werden stigmatisiert. Die  Bewegungsfreiheit vieler Frauen ist eingeschränkt, und auch wenn sich ihr Zugang zu Bildung deutlich verbessert hat, so gibt es doch noch bedenkliche Faktoren und Ansichten, die ein eklatantes Bildungshindernis darstellen. Der Zugang von Frauen zu objektiver Rechtsberatung ist minimal. Bari (2005) weist darauf hin, dass die strukturellen und funktionalen Barrieren, denen sich Frauen gegenübersehen, durch die gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse geprägt sind und dass das gemeinsame Muster des Ausschlusses der Frauen aus der Politik auf mehrere Faktoren zurückzuführen ist."

Download (deutsch) (pdf, 2 MB, 86 Seiten)

Afghanistan

http://www.afghanistan-nimroz.de ist die Website des "Vereins zur internationalen Völkerverständigung - Scheherazade e.V.":

"Ich heiße Mariam Notten, bin in Afghanistan geboren, lebe seit 1967 in Berlin und arbeite als Dozentin für Soziologie an einer Fachschule für Sozialpädagogik. Ich möchte Sie gerne für einige Minuten in mein Land entführen, nach Afghanistan, in die Provinz Nimroz. Dort möchte ich Sie mit Menschen bekannt machen, die sich nichts sehnlicher wünschen, als den Frieden in einer demokratischen Ordnung. Ich werde Ihnen unsere Projekte vorstellen, die ich gemeinsam mit den Frauen der Organisation „Berliner FrauenfrAktion e.V.“ und dank Ihrer Spenden in Sarandj, der Hauptstadt von Nimroz gegründet habe."

 

Der Verein baute u.a. ein Waisenhaus und eine Schule in Sarandj, der Hauptsatdt der Provinz Nimrod und unterhält mehrere Projekte zur Selbstversorgung von Frauen / Witwen in Sarandj: ein Frauenbüro für die dortige Frauenorganisation "Organisation demokratischer Frauen von Nimroz", eine Teppichweberei, eine Schneiderei und eine Bäckerei, sowie ein kleiner Kindergarten. Außerdem gibt es auf der Seite Reiseberichte und andere Veröffentlichungen.

Wo Frauen keine Burkha tragen

Ute Scheub berichtet am 4. August 2004 in der taz vom Leben in der Afghanischen Provinz Nimros.
Dort ist alles ein bisschen anders als im Rest des Landes. Männer werden entwaffnet, der Handel blüht, und Mädchen und Jungen gehen gemeinsam zur Schule. Dort haben Mädchen und Frauen mehr Rechte als anderswo in Afghanistan.

mehr unter: http://www.taz.de/pt/2004/08/04/a0183.nf/text

Amnesty-Bericht im Oktober 2003 erschienen

Fast zwei Jahre nach dem Sturz des Taliban-Regimes werden Frauen in Afghanistan weiterhin verbreitet Opfer von Gewalt. Viele Frauen werden zur Heirat gezwungen, erleiden Vergewaltigungen durch bewaffnete Gruppen oder Misshandlungen im familiären Bereich. Ihre gesellschaftliche Rolle macht es afghanischen Frauen sehr schwer, diese Menschenrechtsverletzungen anzuzeigen. Wenn es ihnen dennoch gelingt, ihr Leid öffentlich zu machen, werden sie oft dafür diskriminiert.

 

In einer Presseeklärung forderte AI die deutsche Regierung auf, hier lebenden Afghanen einen sicheren Aufenthaltsstatus zu erteilen.
Afghanistan: No one listens to us and no one treats us as human beings. Justice denied to women

Spätere Berichte von Amnesty zur Situation von Frauen in Afghanistan:
Afghanistan: Women failed by progress in Afghanistan (Oktober 2004)
Afghanistan: Women still under attack - a systematic failure to protect (Mai 2005)

Alle Berichte zu Afghanistan: http://web.amnesty.org/library/eng-afg/reports  (Englisch)

 

Ein Brennpunkt der taz widmete sich am 7.10.2003 ebenfalls dem Thema: