UN beschließen historisches Abkommen 7. Juli 2017 122 Staaten haben am Freitagmorgen bei den Vereinten Nationen in New York einen Vertrag zum Verbot von Atomwaffen verabschiedet. Nach Jahrzehnten stockender Abrüstung senden sie eine klare Botschaft an die Atomwaffenstaaten... mehr

IFFF/WILPF

Die Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit ist eine internationale Nichtregierungsorganisation mit nationalen Sektionen in über 40 Ländern und allen Kontinenten dieser Welt. Die IFFF/WILPF besitzt Beraterstatus* bei verschiedenen Gremien der Vereinten Nationen (UN) mit einem internationalen Büro in Genf und einem New Yorker Büro, das sich vor allem der Arbeit der UN widmet.

WILPF ist die älteste Frauen-Friedensorganisation der Welt. Seit ihrer Gründung mitten im ersten Weltkrieg 1915 in Den Haag richtet sie sich gegen alle Formen von Krieg und Gewalt. Sie war maßgeblich an der Gründung der Vereinten Nationen (UN) beteiligt. Die IFFF/WILPF beteiligt sich an internationalen Kongressen und Weltfrauenkonferenzen und setzt sich auf nationaler Ebene für ihre Ziele ein. Mehr über WILPF ›

Aktion Aufschrei

Bundesweite Veranstaltungstermine der Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel unter: http://www.aufschrei-waffenhandel.de/Veranstaltungstermine.69.0.html.

Neuigkeiten

19.03. 2007

Der G8 und die Situation von Frauen

Christa Wichterich schreibt im neuen INKOTA-Brief "Gruppenbild mit Dame. Die G8 stehen für ein Wirtschaftsmodell, das Frauen weiter benachteiligt": Mit Angela Merkel repräsentiert eine Frau den G8-Vorsitz. Ein seltenes Bild. In der Tagesordnung des G8-Gipfels findet sich jedoch nichts zum Abbau der Ungerechtigkeit im Geschlechterverhältnis.

Stattdessen stehen die G8 für eine Wirtschaftspolitik der Ungleichheit, die Geschlechtergerechtigkeit verhindert.

Nach Jahren präsentiert sich die G7/8 wieder einmal als Gruppenbild mit Dame. Wer deshalb erwartet hat, dass die Tagesordnung zumindest Spurenelemente von Geschlechtersensibilität erkennen lässt, hat weit gefehlt. Hierzulande hatte ohnehin niemand einen merkelschen Feminisierungseffekt erwartet. Wie ihre Vorgängerin im G7-Gruppenbild, Margaret Thatcher, arbeitet auch sie am „Projekt TINA“: Es soll keine Alternative zu neoliberaler Politik und der fortschreitenden Markt- und Handelsliberalisierung geben.

Das Kerngeschäft des G7/8-Clubs, auf das Merkel zurückorientieren will, die Wirtschaftspolitik, kommt geschlechtsneutral daher. Von den enormen frauen- und geschlechterpolitischen Energien, die in den 1990er Jahren entlang der Achse großer UN-Konferenzen aus der Frauennische herauskamen und versuchten, auf alle Politiken und alle Global Governance Regimes Einfluss zu nehmen, ist hier nichts zu ahnen. Nichts erinnert daran, dass auch im Vertrag von Amsterdam das Gender Mainstreaming für die EU verankert wurde und bis zum Jahre 2015 Gender Budgets in allen EU-Ländern eingeführt werden sollen, um die Ungleichbehandlung in den Staatshaushalten auf Euro und Cent zu belegen.

Frauen als Wachstumsmotor

Tatsächlich versuchten Frauenorganisationen, auch die Makroökonomie zu „engendern“, das heißt, zunächst einmal sichtbar zu machen, wie sie Geschlechterunterschiede nutzt und welche unterschiedlichen Auswirkungen sie auf Frauen und Männer hat. Unbestritten ist, dass Frauen bisher – vor allem als Kleinbäuerinnen, Kleinhändlerinnen, lokale Handwerkerinnen und personennahe Dienstleisterinnen – mehr unter der intensivierten Konkurrenz auf dem Weltmarkt leiden als Männer. Deshalb – so UNCTAD, die UN-Handels- und Entwicklungsorganisation, und andere entwicklungspolitische Organisationen – sollen sie nun durch mehr Zugang zu Exportproduktion, Ressourcen, Mikrokredit und Training fitter und wettbewerbsfähiger gemacht werden. Dadurch sollen sie mehr von der Marktöffnung profitieren – und ihr selbst mehr nutzen. Eine Hand wäscht bekanntlich die andere, und so soll die Liberalisierung den Frauen und die Frauen sollen der Liberalisierung dienen.

Exemplarisch hat diese Logik die Weltbank gerade mit ihrem neuen Gender-Aktionsplan für die Haushaltsjahre 2007-2010 mit dem viel sagenden Titel „Gender Equality as Smart Economics“ vorgeführt. Seit die Bank in den 1970er Jahren die Frauen als „untergenutzte Ressource“ entdeckte, stellt sie das „wirtschaftliche Empowerment“ von Frauen in den Dienst von Produktivitäts- und Effizienzsteigerung. Ihre Defizite in Bildung und Beschäftigung will sie beseitigen, weil sie das Wachstum behindern – nicht etwa, weil das ein Menschenrecht ist. Marktintegration und Wettbewerbsfähigkeit von Frauen gelten der Weltbank als universelles Wachstumsrezept.

Zur Freude der Weltbank argumentierte die Wirtschaftszeitschrift „Economist“: „Vergessen wir China, Indien und das Internet: das Wirtschaftswachstum wird von Frauen vorangetrieben.“ Tatsächlich gelten Frauen als Globalisierungsgewinnerinnen, weil sie Jobs in der Exportindustrie und in vielen Dienstleistungssektoren fanden und sich für gut qualifizierte Frauen nie gekannte Karrierechancen eröffneten.

Doch mehr Erwerbsbeteiligung von Frauen heißt noch nicht Geschlechtergleichheit. Das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen (weltweit 25 Prozent) besteht weiterhin, und Frauen sind in informellen, temporären und niedrig entlohnten Beschäftigungen konzentriert, oft ohne Sozial- und Rechtssicherheit. Gerade die Diskriminierung von Frauen durch prekäre Beschäftigungs- und Einkommensformen treibt das Wachstum voran. Deshalb sind seit langem billige, flexible weibliche Arbeitskräfte ein Standortvorteil in vielen Ländern des Südens.

Fehlende Sozialstandards

Die soziale Verantwortung für die Arbeiterinnen in den Verschleißindustrien, auf den Plantagen und in den Pflegediensten wird zwischen transnationalen Konzernen, lokalen Auftragnehmern, nationalen Regierungen und internationalen Organisationen munter hin- und hergeschoben.

Als feministische Netzwerke bei der Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation WTO 1997 in Singapur forderten, dass soziale und ökonomische Rechte als soziale Mindeststandards in Handelsabkommen eingehen sollten, erklärte die WTO – wie auch die Weltbank –, dass Menschenrechte nicht zu ihrem Mandat gehörten. Wann immer Exportarbeiterinnen und transnationale Bündnisse wie die „Kampagne für 'Saubere' Kleidung“ Verhaltenskodizes für die globalen Wertschöpfungsketten einklagen, scheuen die Unternehmen jede systematische Überprüfung von außen. In der Diskussion über ein neues Arbeitsrecht in China beharren die Handelskammern der USA und der EU auf „flexiblen“ Beschäftigungsverhältnissen – und strafen die Hochglanzbroschüren zur „Unternehmensverantwortung“ westlicher Konzerne Lügen. Die deutsche Privatwirtschaft wehrte sich erfolgreich gegen ein Gleichstellungsgesetz und akzeptierte lediglich eine „freiwillige“ Regelung.

Vor diesem Hintergrund hat das Sozialforschungsinstitut der UNO 2005 – zehn Jahre nach der UN-Frauenkonferenz in Peking – bilanziert, dass es in unfairen Wirtschafts- und Handelsstrukturen keine Geschlechtergerechtigkeit geben kann: „In einer Welt, in der das dominante Modell soziale und ökonomische Ungleichheit vertieft und Marginalisierungen verstärkt, und in der Umverteilung keinen Platz hat, (...) ist Geschlechtergleichheit nicht gewährleistet.“

Gleichheit in der Wirtschaft ist, wie überall, ein Grundrecht von Frauen und ein Entwicklungsziel an sich. Eine Perspektive globaler Gerechtigkeit muss jedoch darüber hinausgehen. Soziale Ziele wie Gleichheit, soziale Sicherheit und Umverteilung müssen von Anfang an in die Makroökonomie integriert und zum Oberziel von Wirtschaftspolitik gemacht werden. Für die G8 bedeutet dies, dass sie das TINA-Projekt mit dem Liberalisierungsdogma aufgeben und Handlungsspielraum für andere Wirtschaftsstrategien eröffnen muss. Nicht-orthodoxe Ökonomieansätze wie der Schutz lokaler Märkte, regionale Kreisläufe, keynesianische Steuerung, eine größere ökonomische Wertschätzung der sozialen Reproduktion und öffentlicher Güter bieten bessere Chancen für globale und für Geschlechtergerechtigkeit.

 

(Quelle: INKOTA-Brief)


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